29
Mrz 14

Ein Besuch in Claude Monets Giverny

Giverny_01
Zunächst muß ich mich bei Euch entschuldigen, daß ich Euch erst dieses Wochenende in die ländlich-idyllische Normandie entführen kann! Letztes Wochenende, für das dieser Ausflug eigentlich angekündigt war, hatte ich lieben Besuch von einer Freundin und weniger angenehmen von fiesen Rückenbeschwerden. Beides hielt mich vom PC fern. Und außerdem ist dieses Wochenende das Wetter ja deutlich frühlingshafter!

Giverny_02
Die Gegend ist reich an bezaubernden Landschlössern wie etwa Château de Canon, das inmitten eines ausgedehnten Parks im Stil des 18. Jahrhunderts liegt.

Giverny_03
Alleen mit uraltem Baumbestand führen zu klassischen Tempeln…

Giverny_04
… oder werden flankiert von Galerien mit antiken Büsten.

Giverny164_Collage
Eine sehenswerte Rarität von Château de Canon sind seine ‚Chartreuses‘, eine Serie von dreizehn vollständig von hohen Mauern umgebenen und von mit Steinbögen überdachten Durchgängen untereinander verbundenen Gartenräumen. Ursprünglich als Obstgärten angelegt, sind diese dreizehn ummauerten Gärten mit ihrem geschützten Mikroklima inzwischen üppig mit blühenden Sträuchern, Stauden, Sommerblumen und Zwiebelgewächsen bepflanzt. Darunter sind viele alte Bauerngartenblumen wie Stockrosen, Rittersporn und Lilien und an den sonnenwarmen Mauern gedeiht ein dekoratives Geflecht von Kletterrosen, Feigen und sogar Passionsblumen.

Am Endpunkt des zentralen Weges, der gleichzeitig die Hauptblickachse bildet, thront anmutig Pomona, die Göttin der Früchte und Gärten.

Giverny_05
Sollte es Euch einmal in die schöne Normandie verschlagen, so kann ich Euch nicht nur einen Besuch von Château de Canon wärmstens empfehlen. Ebenso auch eine Visite im nicht weit entfernten obigen Château de Vendeuvre mit seiner heiteren Rokoko-Leichtigkeit.Vielleicht ergibt sich auch die Gelegenheit, hier im Blog einmal einen längeren Ausflug dorthin zu machen…

Giverny_06
Ein Besuch bei Claude Monet in Giverny

Heute aber führt uns nun unser Weg ins idyllische Dorf Giverny, das etwa 35 Kilometer nordwestlich von Paris liegt.Hier lebte und malte der große französische Impressionist Claude Monet 43 Jahre lang. Und schuf neben seinem malerischen Werk ein Gesamtkunstwerk aus einem fantasievoll und sehr persönlich gestalteten Landhaus und einem überaus farbenprächtigen Landhausgarten, gekrönt von einem Familienleben voller typisch französischer Landlust und Lebenskunst.

Giverny_07
Kaum ein Maler wird wohl so mit Heim und Wirkungsstätte identifiziert wie Monet mit dem Ensemble von typisch französischem Landhaus, benachbartem Atelier und prachtvollem Landhausgarten im Dörfchen Giverny. Die umliegende idyllische Landschaft und vor allem der von Monet mit Leidenschaft selbst angelegte und gehegte Garten inspirierten ihn zu zahllosen seiner großartigsten Werke, ja der Garten selbst ist ein bedeutendes Werk, komponiert nach den gleichen Prinzipien wie Monets Bilder und durchdrungen von Monets tiefem Gefühl für die Wirkungen von Licht und Farbe.

Giverny_08
Der ‚Clos Normand‘ – Monets Blumengarten

Eigentlich handelt es sich bei Monets Garten um zwei ganz verschiedene Gärten:Rund um das Wohnhaus der Familie liegt ein mit verschwenderischer Fülle bepflanzter bunter Blumengarten, der eine große Lebensfreude und Fröhlichkeit ausstrahlt. Man kann sich gut vorstellen, wie die Familie mit ihren häufigen Gästen auf der dem Haus vorgelagerten, etwas erhöhten, hölzernen Veranda saß und den Blick auf diese farbenfrohe Idylle genoß.

giverny_12
Dieser Garten hat einen einfachen Grundriß mit einer geraden, breiten Mittelachse und wird von einem regelmäßigen Netz rechwinkliger Wege unterteilt. Der Garten liegt vollständig in der Sonne  und ist auch heute, genau wie zu Monets Zeiten, dicht bepflanzt mit unzähligen farbenfrohen Blumen, die die geraden Linien und Winkel überspielen und den überwältigenden Eindruck von Fülle und Farbenrausch vermitteln.

giverny_11
Jede Jahreszeit bringt einen neuen bunten Korb von Blüten hervor wie z.B. Tulpen, Vergißmeinnicht, Goldlack, Schwertlilien, Mohn, Pfingstrosen, Rittersporn, Lupinen, Phlox, Duftwicken…

Giverny_09

… Dahlien, Sonnenblumen, Herbstastern und Japanische Anemonen.

Die Kompositionsprinzipien bei der Auswahl der Pflanzen für die üppigen Blumenrabatten waren für Monet die gleichen wie bei seinen Bildern: Vorrang hatten die Farben, die nach den Prinzipien von Harmonie und Kontrast zusammengestellt wurden. Deshalb bieten die langen Beete eine schier unerschöpfliche Fülle von Blütenkombinationen sowohl in virtuosen Ton-in-Ton Abstufungen wie in kühnen, kraftvollen Farbgegensätzen.

Nicht nur Monet selbst streifte täglich mehrmals durch seinen geliebten Garten, auch in seinem Familienleben spielte er eine Hauptrolle: Die große Familie nahm bei schönem Wetter gemeinsame Mahlzeiten im Garten ein, die häufigen Gäste wurden dort bewirtet und geradezu geheiligte Zeremonien waren der Nachmittagstee, für den Tisch und Korbstühle vor Monets Atelier-Salon aufgestellt wurden und der Apéritif, der am frühen Abend stets auf der hölzernen Veranda eingenommen wurde.

Giverny_10
Monets Wassergarten

Ein weitläufiger, japanisch inspirierter  Wassergarten mit ’natürlich‘ fließenden Formen und der von Monets Gemälden her berühmten , mit Glyzinien bewachsenen Brücke vollzieht einen totalen Wechsel von Stil und Stimmung.

Diesen Wassergarten bepflanzte Monet mit verwunschen wirkenden Trauerweiden, hochragenden Pappeln, Azaleen und Rhododendren, mit Bambus und üppigen Strauchrosen. Die geschwungenen Uferböschungen sind dicht bewachsen von Bambus, japanischen Strauchpäonien und Farnen, von Iris, Pestwurz und Fingerhut. Den Teich selbst versah Monet mit allen erdenklichen Sorten weißer, gelber, roter, mauve-und rosafarbener Seerosen, die er stundenlang von einer Bank am Ufer betrachten konnte und die ihn immer wieder zu Bildern inspirierten, zuletzt zu seinem Projekt der ‚Grandes Décorations des Nymphéas‘, das er noch kurz vor seinem Tod 1926 vollendete, heute zu bewundern in der Orangerie der Pariser Tuilerien-Gärten.

Buch
Das Landhaus der Familie Monet
Sehr inspirierend finde ich persönlich auch die Besichtigung der Innenräume von Monets Haus. Auch diese gestaltete der Maler Monet persönlich und mit seinem untrüglichen Sinn für die Wirkung unterschiedlicher Farben im Zusammenspiel mit dem Lichteinfall. Farbgebung und Möblierung sind original und geben ein lebhaftes Bild vom genußvollen und behaglichen Landleben der Familie Monet.

BuchS43
Hier zum Beispiel das sonnendurchflutete Speisezimmer…

BuchS49
… oder die gemütliche Landhausküche. Beide Abbildungen stammen aus meinem hier folgenden Buchtipp:

Monets Haus, Ein Besuch in Giverny, Heide Michels, 144 Seiten, 110 farbige und 14schwarz-weiße Fotos, sowie 25 Abb. von Gemälden und Drucken

Das zauberhafte Buch erweckt das Landleben der Familie Monet durch anschauliche Schilderungen, unterstützt von historischen Schwarzweißfotos, zum Leben. Die Autorin führt mit zahlreichen stimmungsvollen Farbfotos durch den Garten und die ebenfallls von Monet gestalteten einzelnen Räume des Hauses und zeigt, daß dieses unkonventionelle, “impressionistische Gesamtkunstwerk” auch uns eine Fülle von Anregungen für sinnlich-entspannte ländliche Lebensart zu bieten hat:

Leider ist das Buch derzeit im regulären Buchhandel wohl vergriffen. Im Internet sind aber immer wieder gebrauchte Exemplare zu ergattern.

Giverny_151
Das Musée des Impressionismes Giverny

Unter den Künstlern, die Monets wachsender Ruhm schon zu seinen Lebzeiten nach Giverny zog, waren etliche amerikanische Maler, die sich zeitweise dort niederließen, um im Bannkreis des Meisters in der neuen impressionistischen Sehweise die weiche, wechselnde Lichtfülle der Normandie, die kleinen Flüsse, die Uferlandschaften mit ihren Pappeln und Wasserschwertlilien und die Weizenfelder in der Ferne  zu malen.

Einer dieser jungen Amerikaner, um die sich Monet seiner jungen Stieftöchter wegen anfangs große Sorgen machte, wurde dann schließlich sein Schwiegersohn: Theodore Butler.

Leider verlassen die meisten Besucher nach Besichtigung des weltberühmten Anwesens am Ortsrand  Giverny zügig. Folgt man stattdessen mit Muße der rue Claude Monet, so wird man nicht nur mit Ansichten des malerischen Ortes, der seinen altmodischen Charme bewahrt hat, belohnt, sondern gelangt zum Musée des Impressionismes.

Bis zum Beginn der Museumsferien im Juni könnten wir uns dort derzeit eine Ausstellung über „Impressionismus und die Amerikaner“ mit Werken von Mary Cassats, John Singer Sargent, Whistler, Monet, Edgar Degas und anderen impressionistischen Malern ansehen.

Giverny_Collage_150
Zum Ausruhen gibt es ein schickes Museums-Restaurant und eine Terrasse mit üppig bewachsener Pergola.Lohnenswert ist aber auch ein Blick auf den Garten des Museums. Der um das moderne Gebäude herum angelegte Garten ist eine Hommage an den großen Meister und ein Schmuckstück: Wie das berühmte Vorbild türmen die Rabatten verschwenderisch ganze Wogen von Sommerblumen und blühenden Stauden auf. Das Motiv starker Farbkontraste im Sinne Monets wird dabei  virtuos variiert.Ein Teil des großzügig dimensionierten und perfekt gepflegten Gartens huldigt aber auch dem moderneren Prinzip des monochromen Farbengartens.

Giverny_Gemälde
Das idyllische Landleben ‚en plein air‘, wie auf dem Bild von Frederick Carl Frieseke war ein bevorzugtes Motiv auch der amerikanischen Impressionisten.

Damit wären wir am Ende unseres Besuchs in Giverny. Wir könnten ihn im Teesalon des Museums ausklingen lassen und dann im ca 5km entfernten nostalgischen Provinzstädtchen Vernon den Zug nach Paris besteigen.

Chatto_Collage
Zum Schluß oben noch ein kleiner Vorgeschmack auf unseren nächsten Gartenausflug, zu dem ich Euch herzlich einlade! Er wird uns dann wieder nach England führen. Wie auch den Lesern des Country Charme Bestellmagazins 2014 auf Seite 27 angekündigt, besuchen wir Beth Chatto, die große alte Dame der englischen Gartenkultur, in ihrem traumhaft harmonieerfüllten und wunderschönen Garten in Südostengland.

Doch zunächst genießt das Wochenende mitsamt des uns verheißenen Frühlingswetters! Und laßt Euch am Montag nicht zu doll in den April schicken…

Mit herzlichen Grüßen
Eure Christel